Am 9. November 1989 fiel endlich die Mauer. Viele Menschen haben dafür gekämpft, egal in welcher Form. Ob politisch aktiv oder als sie sich den Friedensdemos im Herbst 89 angeschlossen hatten. Alle einte der Gedanke, dass die Diktatur des DDR-Staates, die Bevormundung der Bürger abgeschafft wird und endlich Demokratie eintritt.
Heute – 35 Jahre später – sind wir an einem Punkt angelangt, der wirklich sehr fragwürdig erscheint angesichts dieser nun mittlerweile lang zurück liegenden Ereignisse. Es wird diskutiert, ob ein Bürgerbegehren überhaupt rechtsgültig ist und dazu möchte man sich bei einem Rechtsanwalt eine Rechtsauskunft einholen. Natürlich ist es gut, wenn Gemeinderäte ihre Aufgaben ernst nehmen um möglichst Fehler zu vermeiden. Aber ist es wirklich nötig?
Auf der Gemeinderatssitzung am 06.11.2024 in Arnsdorf wurde von der Gemeinderatsfraktion ZAG der Antrag gestellt, dass die Gemeinde eine rechtliche Prüfung der Zulässigkeit des angestrebten Bürgerentscheides zu den geplanten Gewerbegebieten durchführt.
Hierbei muss man anmerken, dass man der Vertrauensperson des Bürgerbegehrens keine Chance gab, die zwei noch offenen Punkte zur Zulässigkeitsprüfung des Antrages auf Bürgerentscheid schnell und unkompliziert zu klären.
Man fragt sich hier wirklich, warum wurde eine Rechtsauskunft eingefordert, anstatt einfach auf ein demokratisches Verfahren zu setzen und alle Bürger zu dieser doch sehr weitreichenden Entscheidung zu befragen. Weshalb hat man Bedenken? Traut man den Bürgern nicht zu, dass sie sich hierzu selbst Gedanken machen? Es gibt zur Durchführung eines Bürgerentscheides in der Sächsischen Gemeindeordnung gesetzliche Vorgaben und diese müssen eingehalten werden.
Der Antrag zur rechtlichen Prüfung des Bürgerbegehrens wurde zwar zur nächsten Gemeinderatssitzung von der Fraktion ZAG zurückgezogen, aber es bleibt trotzdem die Frage im Raum stehen: „Warum wird versucht die Durchführung eines Bürgerentscheides mit aller Macht zu verhindern?„
Über einen Termin zur Einberufung einer Gemeinderatssondersitzung noch in diesem Jahr gab es auch keine Einigung innerhalb des Gemeinderates. Dadurch hätte man die Grundlage schaffen können, um nach einer Zulassung des Bürgerbegehrens den Bürgerentscheid möglichst kostensparend mit dem Termin der anstehenden Bundestagswahl zusammen zu legen.
Demokratie heißt:
Machtausübung auf der Grundlage politischer Freiheit und Gleichheit sowie weitreichendes politisches Beteiligungsrecht erwachsener Staatsbürger…
Sollen wir als Bürger wieder bevormundet werden? Es ist sehr offensichtlich, dass man mit dem demokratischen Instrument eines Bürgerentscheides ein Problem hat.
Auch in Radeberg gibt es Schwierigkeiten bei der Durchführung eines Bürgerentscheides zum gleichen Thema. Hier folgte der Stadtrat dem Rechtsgutachten eines Fachanwaltes für Verfassungsrecht und lehnte beide Anträge einer Bürgerinitiative zur Durchführung eines Bürgerentscheides ab. Man hatte den Stadträten nur kurze Zeit vor ihrer Entscheidung die nötigen Informationen zum Bürgerbegehren zukommen lassen.
Es stellen sich nun wirklich die Fragen
- Warum vertrauen Gemeinderäte oder Stadträte nur rechtlichen Stellungnahmen von Anwälten?
- Wo ist unsere, vor 35 Jahren von vielen Menschen eingeforderte Demokratie geblieben?
Ein Bürgerentscheid ist ein Instrument der direkten Demokratie in Deutschland auf kommunaler Ebene. Mit ihm können Bürger über Fragen des eigenen Wirkungskreis nach den Grundsätzen der freien, gleichen und geheimen Wahl über eine zur Abstimmung gestellte Sachfrage entscheiden.
Nach Ablehnung des von der Bürgerinitiative angestrebten Bürgerentscheides in Radeberg haben nun die Fraktionen des Stadtrates Radeberg
- CDU
- Wir für Radeberg
- Gemeinsame Zukunft
ebenfalls die Durchführung eines Bürgerentscheides zum gleichen Thema, aber mit einer Fragestellung zu Gunsten der angestrebten Gewerbegebiete beantragt.
Sollen die Bürger vielleicht durch die entsprechende Fragestellung beeinflusst werden? Das von der Bürgerinitiative ins Leben gerufene Bürgerbegehren wird als nicht rechtsgültig dargestellt und vom Stadtrat abgelehnt, um dann ein von Ratsmitgliedern initiiertes Bürgerbegehren durchzuführen, welches die bereits gefallene Entscheidung des Stadtrates unterstützt?
Ist das unsere neue Demokratie???